Das Osterfest in Korfu zu feiern ist ein einmaliges Erlebnis,
ganz anders als sonst in Griechenland und für die Besucher
der Insel etwas noch nie da gewesenes. Ein hohes Fest, wo unter
der sinnstiftenden Ausstrahlung des Hl. Spiridon christlich-orthodoxer
Glauben, Katholizismus, aus vorchristlicher Zeit überliefertes
Brauchtum, venezianischer Einfluss und der von bodenständiger
Empirie gesättigte lokale Witz im Schall der Blasmusik und
der frühlingshaften Atmosphäre harmonisch zusammenklingen.
Sonntag vor Ostern
Am
Sonntag vor Ostern feiert Korfu den Jahrstag seiner Verschonung
von der Pest 1630 dank dem Eingreifen des Schutzpatrons Spiridon.
Die Prozession mit den Gebeinen des Heiligen zieht, feierlich
von allen Musikvereinen begleitet, durch die Strassen der Stadt.
Der Zug setzt sich um 11 Uhr an der Kirche des Hl. Spiridon in
Bewegung und folgt dem Verlauf der früheren Stadtmauern,
von denen herab einst der Heilige den Sensenmann in die Flucht
schlug. Von der ganzen Insel strömt das Volk in die Stadt
und verleiht so dem Tag ein festliches Gepräge. Mittags wird
zu Hause oder in der Taverne die traditionelle Speise des Tages
aufgetischt: Stockfisch oder Kabeljau.
Die Karwoche
Die Karwoche in ganz Griechenland ist
geprägt durch Andachten, Fasten und das Erwarten der Auferstehung.
Wir schlagen Ihnen vor, die Stadt links liegen zu lassen und
auf die Dörfer zu gehen. Streifen Sie durch die aufblühende
Natur, riechen Sie ihre Düfte. Trübe Regentage und Winterkälte
liegen hinter uns, im Sonnenlicht erstrahlen die Farben der Natur.
Das Weiß, Gelb und Lila der Blumen auf dem Feld, das Blau
des Himmels und der See harmonieren mit den moosbegrünten
Steinen der Klöster und ihren von Renaissance inspirierten
Wandmalereien. Besuchen Sie die Klöster und versuchen Sie,
mit den Mönchen ins Gespräch zu kommen. Gehen Sie in
die Dörfer mit den venezianischen Häusern, den gepflegten
Vorgärten mit blühenden Pflanzen in ihren Töpfen.
Finden Sie eine Taverne, die im Freien auftischt und genießen
Sie im Sonnenlicht sitzend die schmackhaften Fastenspeisen, trinken
Sie den hiesigen Wein jetzt, in seiner besten Zeit. Sobald die
Sonne untergegangen ist und es kühler wird, gehen Sie ins
Kafeneion und trinken Sie Kaffee mit Likör unter Einheimischen.
Wenn Kardienstag ist, hören Sie die Motetten der Kassiani, wenn Kardonnerstag ist die 12 Evangelien
in den Klöstern. Im Ag.Ioannis-Kloster in Agros, im Kloster
der Jungfrau Kokkinada in Lefkimmi oder in jedem Kloster, wo eine
Messe stattfindet, wird die Bedeutung der Karwoche unmittelbar
erfahrbar. Wenn Sie trotz all dem in der Stadt bleiben, beachten
Sie, dass in der Ag.Ioanniskirche (am St.Spiridon-Platz) in byzantinischer
Weise gesungen wird, während im Kloster der Ag.Efimia beim
Mon Repos, in der Platitera-Kirche in Manduki, in
der Ag.Theodori-.Kirche in Garitsa und natürlich in der Bischofskirche
der lokalen Tradition gemäss nach Art der sogenannten kretischen
Musik vierstimmige Psalmen gesungen werden. Charakteristisch für
die korfiotische Osterfeier ist diese ergreifende vierstimmige
Kirchenmusik, die sich aus den Kirchen in die Altstadtgassen,
über die Dächer der Dorfhäuser und in die Vorgärten
der Klöster ergießt.
Karmittwoch
Am Karmittwoch gibt der Chor der
Gemeinde Korfu im Stadttheater ein Konzert mit Kirchenmusik. Der
Brauch wurde 1989 eingeführt und soll das religiöse
Drama mit Kirchenmusik, westlicher und östlicher Art, näher
bringen.
Kardonnerstag
Eine
gute Idee wäre es auch, am Donnerstag der Karwoche die zwölf
Evangelien im Duomo, der katholischen Bischofskirche am Rathausplatz,
zu hören, wo 12 Kerzen angezündet und nach Lesung jedes
Evangeliums jeweils einzeln wieder gelöscht werden.
Noch vor kurzem gab es am Kardonnerstag folgenden Brauch: Die Frauen in den Dörfern gingen zur Lesung
der 12 Evangelien in die Kirche, während der Priester sprach,
spannen sie mit ihren Fingern aus einem Faden eine Schnur. Diese
Kordel banden sie den Säuglingen als Amulett um den Arm,
denn eingewoben in sein Geflecht war die Energie des Allmächtigen.
Karfreitag
Der Karfreitag ist der Tag der Epitaphe. Jede Kirchgemeinde der
Insel, so wie jede Kirchgemeinde in Griechenland, umschreitet
mit ihrem Epitaph die Grenzen des Pfarrbezirks. Die Gegenwart
der Musikvereine jedoch, der Chöre und Tausender Menschen,
Einheimischer und Fremder, gibt diesem schwermütigen Tag
auf Korfu eine ganz besonders ergreifende Dimension. Es genügt
sich zu merken, dass der alte Musikverein (in roter
Uniform) das Adagio von Albinoni, der Mantzaros-Verein
(blaue Uniformen) den Trauermarsch von Verdi und der Verein Kapodistrias
die Elegia Funebere und die Sventura von Mariani sowie
den Trauermarsch von Chopin spielen. Damit die Orchester es schaffen,
die Umzüge aller Kirchen zu begleiten, beginnen sie in der
Stadt schon um 2 Uhr mittags. Im Laufe der Zeit folgen die Umzüge
immer dichter aufeinander und zum Schluss verlaufen viele gleichzeitig,
so dass die Leute nicht mehr wissen, wohin sie sich zuerst wenden
sollen. Zuerst erscheinen die Epitaphe der Spiliotissa von der
Neuen Festung und der Pantokratorkirche aus dem Campiello-Viertel
um 14 Uhr, gefolgt von den anderen Kirchen bis 22 Uhr nachts,
wenn der Epitaph der Bischofskirche aus dem Spilia-Viertel erscheint.